Jubiläum

„Der rechte Anlass ein großes Fest zu feiern“
von Peter Sindlhauser, Altbauer zum „Abraham“

Freilich gibt es Musik und Musikanten schon seit uralter Zeit. Hat nicht schon der biblische König David Harfe gespielt? Auch Blasmusikanten gab es schon in biblischer Zeit. Man braucht bloß an die Posaunen von Jericho denken.
Das alte Böhmen war auch ein Zentrum der Blasmusik. Und unsere Urväter, die Bajuwaren sind von Böhmen her eingewandert, wissen die Historiker. Friedlich, wird angenommen. Ob aber beim Einmarsch damals eine Musikkapelle voraus marschierte, weiß man halt nicht.

Ein früher Schulmeister im Dorf, der 1556 aus München kam, wird im Orgelbuch unserer Pfarrkirche als „Kapellmeister“ genannt, sein Sohn und Nachfolger auch. Damit ist wahrscheinlich die Kirchenmusik gemeint und 1746 erhält der hiesige Schulmeister für seine Tätigkeit als Musiklehrer im Seminar und den Organistendienst jährlich 10 Gulden – „hinzu kommen noch gewisse Akzidenzen (Gelegenheitstätigkeit) bei Jahrtagen und Hochzeiten“. 1786 hat der Schullehrer der klösterlichen Herrschaft seine Not beklagt und eine finanzielle Aufbesserung erbeten und in der Begründung auch angeführt, er sei „wahrhaft nicht zu neiden bey dieser gewaltigen Schule, samt dem starken Music Chores“.

Wenn in historischer Zeit das Klostergericht einen Geburtsbrief ausstellen mußte, dann wurden Zeugen vernommen um die legitime Abkunft nachzuweisen. Dabei bestätigten immer ältere Männer, daß sie zur Hochzeit von dessen Eltern geladen waren oder aber, daß sie den Hochzeitszug zur Kirchen gesehen haben.

Was aber wäre ein Hochzeitszug zur Kirche ohne Blasmusik? Jedes bessere Dorf braucht eine Blaskapelle. Bei den großen Festlichkeiten des Jahres, auch bei Trauerfeiern – die Blasmusik gehört dazu.

„Die Musik ist es, die Tränen abwischt, die Herzen erfrischt, wenn sonst nichts hilfreich will sein“. Auf einer alten Orgel steht dieser Spruch und vor etlich hundert Jahren mag er geschrieben worden sein.

Es gibt ein großes Buch: „Sänger und Musikanten im bayerischen Oberland“. Darin ist auch die Entwicklung der Blasmusik beschrieben. Im Mittelalter schlossen sich die Handwerker zu Zünften zusammen. Auch die, in verschiedensten Diensten stehenden Bläser folgten und organisierten sich zu „höfischen Trompetern und Paukern“, zu den städtischen „Türmern und Stadtpfeifern“ und den soldatischen „Trommlern und Pfeifern“…
In der Regierungszeit von König Max Joseph (1806 bis 1825) nahm die Militärmusik einen großen Aufschwung. In ihre Heimatdörfer zurückgekehrt, gaben die ehemaligen Militärmusiker ihr Können weiter. Vielerorts entstanden kleine Blasmusiken, die bald bei Festen, Hochzeiten usw. zum Tanz aufspielten. Aber erst gegen Mitte des 19. Jahrhunderts begann man, die Melodien aufzuschreiben.
In der Zeit um 1900 waren die Kapellen schon besetzt mit C-Trompete, Flügelhorn, Althorn, F-Trompete, Baßtrompete, Posaune und/oder Bombardon und manchmal auch mit einer oder drei Klarinetten.
Die alten Fotos der Benediktbeurer Musikanten zeigen ungefähr diese Besetzung.
1925, anläßlich der 80 Jahrfeier mit Fahnenweihe des Veteranenvereins spielte die örtliche Festkapelle schon ein anspruchsvolles Programm. Unter anderm mit dem „Krönungsmarsch“ von Meyerbeer, „Leichte Kavallerie“ von Suppe, den „Priestermarsch“ aus der Zauberflöte, „Walters Preislied“ aus Tannhäuser und den „Friedensmarsch“ von Wagner. Aber dann haben wieder 6 Jahre Krieg in die Reihen der Musikanten eingegriffen.
Und am Ende fand das Oberland erst langsam wieder zurück in ein normales Leben – mit der dazugehörigen Blasmusik. Die Kapelle im Dorf formierte sich wieder. Bäume wurden gestiftet für neue Instrumente und die jungen Musikanten haben sie gefällt und aufgearbeitet zum Verkauf…

Aber am 12. Dezember 1952 erhielt der Bürgermeister ein Schreiben von dem, in der Gewerkschaft Kunst organisierten Musikerverband betreffs „Musizieren von Orts- bzw. Dilettantenkapellen“. Der Vorsitzende beklagte sich, „daß er sich nach verschiedenen Berichten aus der dortigen Gegend, leider gezwungen sieht, gegen das überhandnehmende öffentliche Musizieren der dortigen Ortskapelle gegen Entgeld Stellung zu nehmen. Wir bitten Sie vielmals, Ihren Einfluß dahingehend wirken zu lassen, daß den Berufsmusikern nicht immer mehr Schmutzkonkurrenz durch Dilettantenkapellen bereitet wird“. Er kritisiert, „daß die Ortskapellen kaum ein Drittel des üblichen Stundenlohnes für Berufsmusiker verlangen und damit den Berufsmusikern das letzte Stück Brot vom Tisch nehmen“.

Der Herr Vorsitzende unterzeichnete als Kammermusiker i.R. und wahrscheinlich hatte er keine rechte Vorstellung von dörflichen Festlichkeiten.
Freilich entstanden in vielen Dörfern nach dem Krieg wieder Blaskapellen. 1950 ist auch in Bad Heilbrunn eine erste Blaskapelle gegründet worden – 9 Mann stark. Der Schriftführer hat das Protokollbuch begonnen mit dem Vers: „Wenn die Sonnen nicht mehr kreisen, und die Welt in Trümmer bricht, ruft die Stimme der Posaunen, zu dem ewigen Strafgericht“.
Warum wohl hat er das geschrieben? Vielleicht weil der Krieg noch in frischer Erinnerung war. Früher stand das Jüngste Gericht freilich als ständige Drohung über dem Erdenwandel.

Aber alle zu befürchtenden Strafen im Jenseits haben auch in historischer Zeit den Leuten die Freuden des Daseins nicht verdrießen können. Und die Musik ist ein wichtiger Bestandteil der Lebensfreude. Beim Bezirksmusikfest 1984 in Thanning hat der amtierende Pfarrer Bräunlich gesagt: „Musikanten sind keine Trübsalbläser – es sind frohe Menschen“.